Im September 2005 fand in Holzminden eine Expertenkonferenz statt, die einen Forderungskatalog zum Kinderschutz verabschiedete. Bis heute haben wir insgesamt 1.127 unterstützende Unterschriften per Internet, Fax oder Post erhalten. Obgleich immer noch Unterschriften eintreffen, wollen wir die Sammlung nun am Ende des Jahres 2006 abschließen, weil sie ihren Zweck erfüllt hat und die sozialpolitischen Entscheidungsträger ganz offensichtlich entschlossen sind, den Kinderschutz zu stärken.
Von 712 der Unterzeichner liegen folgende Berufs-, bzw. Tätigkeitsangaben vor:
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Professoren, Wissenschaftler, Dozenten
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52
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Pädagogen, Lehrer, Erzieher
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139
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Pflegeeltern
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241
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Psychologen, Therapeuten
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30
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Heilpädagogen, Krankenschwestern, Pfleger, Hebammen, Arzthelferinnen
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59
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Ärzte
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52
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Rechtsanwälte, Richter, Juristen
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42
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Sonstige
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97
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Summe
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712
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Die Anzahl der Berufsangaben übersteigt die Zahl der Unterschriften mit Berufsangabe, weil etliche Unterzeichner mehr als eine Berufsqualifikation haben. Das gilt besonders für die Pflegeeltern. Darüber hinaus wurden Berufe genannt wie Polizist, Ministerialrat, Ingenieur, Techniker, Prokurist, Apotheker, Bankangestellte, Journalist oder Sekretärin (insges. 97), die oben nicht differenziert mit aufgeführt wurden, weil sichtbar gemacht werden soll, wie hoch der Anteil der Sozialberufler und einschlägiger Experten ist, nämlich 615 = 86,3 %. Die meisten Unterschriften wurden spontan aufgrund unserer Veröffentlichung der Erstunterzeichner gegeben. Wir haben keine systematische Kampagne bzw. Unterschriftensammlung durchgeführt.
In zahlreichen Diskussionen, Vorträgen und Aufsätzen haben wir die Holzmindener Kinderschutzforderungen vorgetragen und vertreten (Sozialpolitische Reaktionen auf mangelhaften Kinderschutz, Vernachlässigter Kinderschutz für vernachlässigte Kinder, Aktuelle Perspektiven des Kinderschutzes gegen Vernachlässigung, Mißhandlung und Missbrauch). Auch andere Unterzeichner und Experten, die die Forderungen wichtig fanden, haben sich dafür intensiv engagiert. Viele Journalisten aus Presse und Fernsehen nutzen unsere Dokumentationen und Publikationen und holen uns in regionale und überregionale Sendungen (z.B. Misshandelt und schutzlos - Kinder ohne Hilfe, Elternrecht vor Kindeswohl, Fernsehsendung über das Schicksal vernachlässigter Kinder im RBB).
Diese Aufklärungsarbeit war nicht vergeblich. In der Berliner und Hamburger Sozialpolitik konnten wir die Wirkungen unserer Argumente unmittelbar miterleben. Auch die Kinderkommission des Bundestages hat die Angemessenheit der Holzmindener Kinderschutzforderungen ausdrücklich bestätigt. Unabhängig davon freuen wir uns, daß die Kinderschutzpolitik deutlich in Bewegung geraten ist. Alle politischen Parteien streben einen wirksameren Kinderschutz an. Die CDU hat auf ihrem Bundesparteitag kinderärztliche Pflichtuntersuchungen beschlossen. Die SPD hat in ihrer Vorstandsklausur in Bremen nachgezogen. Mehrere Bundesländer brachten Gesetzesinitiativen in den Bundesrat ein. Die Bundesministerien für Familie und für Justiz planen gesetzgeberische Reformaktivitäten. Die Familienministerin hat ihre Ablehnung der obligatorischen Frühuntersuchungen offenbar aufgegeben. Die Justizministerin beabsichtigt Konkretisierungen des § 1666 BGB und Impulse in die Richterschaft, die sich bisher als relativ unzugänglich erwiesen hat (vgl. z.B. Hoffmann über die Rechtssprechung des EuGHMR). Viele Jugendämter machen sich, angestoßen durch den neuen § 8a SGB VIII, konstruktive Gedanken, wie sie den Kinderschutz und das Wächteramt effizienter organisieren können (vgl. z.B. die Berliner Jugendämter Spandau, Neukölln, Gelsenkirchen, Peine u.v.a.m.).
Besonders ermutigend ist die Reaktion der Bundesministerin für Justiz vom 5. Jan. 2007 auf unsere Zusendung der Holzmindener Kinderschutzforderungen: “Ihre Vorschläge zur Verbesserung des Kinderschutzes enthalten wertvolle Anregungen für die Gesetzgebungsarbeit, wie z.B. die Forderung nach Beschleunigung der gerichtlichen Sorgerechtsverfahren. Die bereits auf den Weg gebrachte Reform des familiengerichtlichen Verfahrens sieht ein entsprechendes Beschleunigungsgebot für Kindschaftssachen vor, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe des Kindes betreffen. Ihre Vorschläge zur Verbesserung des Kinderschutzes werden wir deshalb bei der Arbeit an dem Gesetzentwurf berücksichtigen, der aufgrund des Berichts der Arbeitsgruppe zur Verbesserung der familiengerichtlichen Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls geplant ist.”
Insgesamt haben wir die Erfahrung gemacht, dass geduldige Aufklärungsarbeit politische Effekte bewirken kann, und wir werden auf diesem Weg weiter voranschreiten.
Henrike Hopp, BAG-KiAP, Kuratoriumsmitglied der Stiftung z. Wohl des Pflegekindes Christoph Malter, BAG-KiAP und AGSP Prof. Dr. Kurt Eberhard, AGSP und Friedrichs-Stift
s.a. Forderungen der Holzmindener Kinderschutzkonferenz zur Verbesserung des Kinderschutzes s.a. Erstunterzeichner der Holzmindener Forderungen
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