FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2003

 

zu Babyklappen:

 

 

Der Sternipark hat bei mir keinen guten Eindruck hinterlassen und ich würde diesen Park auf keinen Fall weiterempfehlen. Meine Eindrücke konnte ich durch die täglichen Telefonate mit meiner Tochter, während ihres dreiwöchigen Aufenthaltes im Sternipark sammeln.

Meine Tochter, 25 Jahre, hat sich am Ende ihrer Schwangerschaft entschlossen, ihr Kind gleich nach der Geburt zur Adoption freizugeben, damit es in einem guten Elternhaus aufwächst. Die Gründe, warum meine Tochter diesen Entschluss gefasst hat, habe ich nicht hinterfragt und ich habe ihre Entscheidung schweren Herzens akzeptiert. Da ich selbst alleine lebe und keine großen finanziellen Mittel habe, hätte ich das Kind auch nicht aufziehen können, zumal ich selbst 54 Jahre alt bin. Meine Tochter und ich hatten viele Jahre kein gutes Verhältnis und zeitweise sehr lange keinen Kontakt. Daher habe ich auch gelernt, meine Tochter muss ihre Entscheidungen treffen und ich werde sie akzeptieren müssen. So konnte ich meiner Tochter nur empfohlen in eine Beratungsstelle zu gehen, was sie auch
getan hat.

Durch eine Bekannte habe ich vom Sternipark erfahren, über den im Januar offenbar im Fernsehen und in verschiedenen Frauenmagazinen berichtet wurde. Die Einrichtung und die jüngen Mütter schienen alle zufrieden mit ihren Kindern und dem Leben im Sternipark. Nachdem ich mir die Webseite aufgerufen hatte und es mir alles seriös erschien, habe ich meiner Tochter die Telefon Nummer gegeben. Meine Tochter hat dann einige Male mit Hamburg telefoniert und sich Ende Januar 2003 entschlossen, ihr Kind in Flensburg zur Welt zu bringen und bis zur Geburt im Sternipark zu bleiben.

Bei der Ankunft im Sternipark war meine Tochter total überfordert. Sie wurde gleich dahingehend (von Müttern und dem Personal) bearbeitet, ihr Kind zu behalten. Sie sollte einen Namen aussuchen und einen Brief an ihr Kind schreiben. Auch ein Bild, welches dann bei der Geburt gemacht werden sollte, sollte sie in einem verschlossenen Briefumschlag erhalten (was dann nie der Fall war). Die Zustände, die sie vorgefunden hat, entsprachen auf keinen Fall den Bildern, die im Fernsehen gezeigt wurden. Die Mütter, die ihre Kinder behalten haben, zeigten in den meistern Fällen keinerlei Verantwortung und waren zum Teil länger als ein Jahr im Park. Die "normale" Einstellung vieler Mütter, dass sie ja irgendwann eine Sozialwohnung bekommen, dann von Sozialhilfe leben, hat meine Tochter total geschockt.

Sie war dann immer mehr davon überzeugt, dass ihre Entscheidung, das Kind zur Adoption freizugeben und dass es dadurch in geordnete Verhältnisse kommt, die richtige ist. Meine Tochter war nicht davon zu überzeugen, dass eine vorübergehende Pflegefamilie die Lösung ist. Auch ein Gespräch von mir mit einer Mitarbeiterin des Sterniparkes hatte den Grundtenor und die überzeugende Haltung, dass meine Tochter sicher ihr Kind behalten wird. Es hätten schon viele Mütter, manche sogar nach sechs Monaten ihre Entscheidung rückgängig gemacht, das Kind adoptieren zu lassen und es wäre doch gut, wenn es diese Pflegefamilien gäbe. Nachdem meine Tochter sich immer mehr gewehrt hat, wurde sie ignoriert. Sie war in den drei Wochen bis zur Geburt sehr viel krank und ich war schon so weit, sie wieder dort abzuholen.

Nachdem meine Tochter hartnäckig bei ihrer Entscheidung blieb, das Kind zur Adoption freizugeben und auch keine anonyme Adoption wollte, hat Frau Kaiser offensichtlich eingesehen, dass es keinen Zweck hat, meine Tochter weiter zu bearbeiten. So wurden offensichtlich Frau Nabert vom LV der Pflege- und Adoptiveltern in Schleswig-Holstein e.V. und das Jugendamt verständigt. Ich habe dann meine Tochter in Flensburg abgeholt und war entsetzt über ihren psychischen Zustand. Nur mein Gespräch mit Frau Nabert und ihr einfühlsames Wesen haben mich wieder beruhigt, dass meine Enkeltochter in gute Hände kommt. Es wurde mir noch die Möglichkeit gegeben, die zukünftige Adoptivmutter kennenzulernen und meine Enkeltochter auf dem Arm zu halten. Auch meine Tochter war dann überzeugt, dass ihre Entscheidung zum Wohle des Kindes war.

Am 17. März 2003 habe ich dann zufällig eine Sendung auf Pro Sieben "Sam" gesehen, wo es wieder um eine Mutter ging, die ihr Kind nicht haben wollte und das vorübergehend in einer Pflegefamilie untergebracht war. So hat man diese junge Frau so weit gebracht, dass sie nach fünf Monaten (!!!!) ihren Sohn in der Pflegefamilie besucht hat. Diese Pflegefamilie macht das alles ehrenamtlich (!!!!) Fernsehteam und der Druck haben diese junge Frau dann offensichtlich dazu bewegt, mit dem Kind in den Sternipark zu gehen, wo sie nach Abschluss der Dreharbeiten, nach einigen Tagen, den Sternipark wieder ohne (!!!) das Kind verlassen hat. Entsetzlich und traurig für dieses Kind.

Ich glaube, Mutter werde ich nicht dadurch, wenn ich ein Kind auf die Welt bringe. Es ist ehrlicher und verantwortungsbewusster, dazu zu stehen, dass ich überfordert bin und zeugt dann von mehr Liebe und Verantwortung, dem Kind ein gutes Leben zu ermöglichen, in dem ich es zur Adoption freigebe.

Das Wohl des Kindes sollte immer an erster Stelle stehen und das Kind sollte nie ein Gegenstand sein, der hin und her geschoben wird. So weiss ich heute, dass diese Entscheidung zu einer nicht anonymen Adoption, zum Wohl meiner Enkeltochter war und sie in einer Familie aufwächst, in der sie geliebt wird und zwei Menschen überglücklich sind. Dafür bin ich auch unendlich dankbar, hat es doch gezeigt, dass eine anonyme Adoption nicht nötig ist, dass es Verbände wie der PFAD und das Jugendamt ermöglichen, eine Lösung zu finden, die allen Beteiligten gerecht wird. Vorallem meine Enkeltochter hat die Möglichkeit, wenn sie es später möchte, Kontakt aufzunehmen und es bleibt ihr so auch ihre eigene Geschichte.

Frankfurt, den 06. Oktober 2003

Monika Umholtz

 

 

 

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