FORUM: Internetzeitschrift des Landesverbandes für Kinder
in Adoptiv und Pflegefamilien S-H e.V. (KiAP) und der Arbeitsge-
meinschaft für Sozialberatung und Psychotherapie (AGSP)


 

Diskussion / Jahrgang 2008

 

Ist Kindesmisshandlung ein Armuts-Problem?

 

In der ZEIT vom 19.12. ist unter der Überschrift „Kinderschutz: Zankereien vor dem Kindergipfel“ folgendes zu lesen:
„Der Deutsche Kinderschutzbund kritisierte das mangelnde Engagement gegen Kinderarmut. ‚Die Bundesregierung benimmt sich den Kindern in Deutschland gegenüber wie Rabeneltern’, sagte der Präsident des Kinderschutzbundes, Heinz Hilgers. Man könne den Kinderschutz nicht von der sozialen Frage trennen. ‚95 Prozent der Fälle von Misshandlung ereignen sich im Armutsmilieu’, sagte er.
s.
http://www.zeit.de/news/artikel/2007/12/19/2442035.xml

Demgegenüber war ebenfalls in der ZEIT, am 13.12., unter der Überschrift „Und niemand sieht es“ zu lesen:
„Gewalt gegen Kinder ist kein Unterschichtsphänomen, sondern sie zieht sich quer durch die Gesellschaft. Trotzdem kämen etwa 60 Prozent der misshandelten Kinder aus Unterschichtsfamilien oder aus der unteren Mittelschicht, sagt Tichy [Leiterin eines Krisenzentrums]. Besonders problematisch seien Mittelschichtler, die mit massiven finanziellen Problemen zu kämpfen haben und krampfhaft versuchen, an ihrem Status festzuhalten: »Die sind sich oft zu gut, um Hilfe anzunehmen.“
s.
http://www.zeit.de/2007/51/Kindesmisshandlung

Solche unterschiedlichen Zahlenangaben stellen sich ein, wenn es keine empirischen Untersuchungen dazu gibt. Auch der Kinderschutzbund bietet für seine Zahlenangaben keinerlei empirischen Beleg. Walter Wüllenweber hat in einer Feldstudie in einem sozialen Brennpunkt der vielzitierten Armutslegende einen ernüchternden Schlag versetzt (vgl. http://www.agsp.de/html/n496.html). Unsere langjährigen Erfahrungen sprechen ebenfalls gegen die Kausalbehauptung „Armut verursacht Kindesmisshandlung“. In den komplizierten Wechselwirkungen zwischen psychosozialem Versagen, mangelhafter Impulskontrolle, finanziellen Problemen und Kindesmisshandlungen steht die Armut selten am Anfang, sondern die Vernachlässigungen und Misshandlungen, die die Eltern in ihrer Kindheit selbst erlebt haben. Wer diesen Eltern helfen will, sollte ihnen primär keine zusätzlichen finanziellen Mittel verschaffen, sondern sozialpädagogische Unterstützung, und, wenn das nicht fruchtet, die traumatisierten Kinder in gut betreute Pflegefamilien vermitteln. 

Kurt Eberhard und Christoph Malter

 

 

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